Der "Recargo de Equivalencia" - Sonderregelung für Einzelhändler in Spanien
- Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, 29. Oktober 2025 11:59
- Geschrieben von Rike Füllgraf
Im Zeitalter des boomenden Onlinehandels und des dynamischen Marktplatzes stehen Einzelhändler vor immer komplexeren steuerlichen Herausforderungen. Besonders im Fokus steht dabei der Recargo de Equivalencia, eine Regelung, die Einzelhändlern spezielle Anforderungen bei der Umsatzsteuererhebung auferlegt. Diese Regelung wird zunehmend relevanter, da der An- und Verkauf von Produkten in einer global vernetzten Wirtschaft immer häufiger unter die Lupe genommen wird. In einem Umfeld, das von schnellen Marktveränderungen und einer zunehmenden Steuertransparenz geprägt ist, ist es für Einzelhändler von entscheidender Bedeutung, die Feinheiten dieser Regelung zu verstehen. Der folgende Artikel beleuchtet, wie sich der Recargo de Equivalencia in der heutigen Geschäftswelt auswirkt und welche praktischen Konsequenzen er für den Einzelhandel hat.
Der Recargo de Equivalencia – Was ist das?
Der Recargo de Equivalencia (Äquivalenzzuschlag) ist eine Sonderregelung der spanischen Umsatzsteuer (IVA), die speziell für Einzelhändler vorgesehen ist. Sie wurde geschaffen, um die steuerlichen Pflichten kleiner Einzelhändler zu vereinfachen und zu vermeiden, dass diese regelmäßig Umsatzsteuererklärungen abgeben müssen. Stattdessen wird die Steuerpflicht im Wesentlichen auf die Lieferanten übertragen.
Diese Regelung gilt ausschließlich und verpflichtend für Einzelhändler, die natürliche Personen sind, sowie für Personengesellschaften, die im Rahmen der Einkommensteuer (IRPF) nach dem System der Einkünftezurechnung (régimen de atribución de rentas) besteuert werden, sofern alle Gesellschafter natürliche Personen sind.
Ein Händler gilt in Spanien als Einzelhändler (comerciante minorista), wenn er bewegliche Güter oder Vieh verkauft, ohne sie selbst oder durch Dritte einem Herstellungs- oder Verarbeitungsprozess zu unterziehen, und wenn im vorangegangenen Jahr mindestens 80 % der Verkäufe an Privatpersonen oder Nichtunternehmer gingen. Diese Voraussetzung entfällt, wenn der Händler im Vorjahr keine Tätigkeit ausgeübt hat oder im Pauschalverfahren (estimación objetiva) der Einkommensteuer besteuert wird.
Von der Anwendung des Recargo de Equivalencia sind bestimmte Branchen ausgeschlossen. So gilt das System nicht für den Handel mit Fahrzeugen, Booten, Flugzeugen, Ersatzteilen, Schmuck, Pelzbekleidung, Kunstwerken, Antiquitäten, Gebrauchtwaren, Erdölprodukten, Industriemaschinen, Baumaterialien, Metallen, Mineralien oder Anlagegold. Damit ist der Anwendungsbereich im Wesentlichen auf den Verkauf von Konsumgütern im Einzelhandel beschränkt.
Funktionsweise des Äquivalenzzuschlags
Unter der Recargo-de-Equivalencia-Regelung zahlt der Einzelhändler keine eigene Umsatzsteuer. Stattdessen wird diese vom Lieferanten erhoben, der auf den regulären Umsatzsteuersatz einen zusätzlichen Äquivalenzzuschlag aufschlägt. Die Sätze sind wie folgt:
- 5,2 % für Artikel mit einem Umsatzsteuersatz von 21 %.
- 1,4 % für Artikel mit einem ermäßigten Satz von 10 %.
- 0,5 % für Artikel mit einem stark ermäßigten Satz von 4 %.
In der Praxis funktioniert das System folgendermaßen: Bei Einkäufen von Waren berechnen die Lieferanten dem Einzelhändler zusätzlich zur Umsatzsteuer den sogenannten Recargo de Equivalencia. Beide Beträge - die reguläre Umsatzsteuer und der Zuschlag - werden getrennt auf derselben Bemessungsgrundlage in der Rechnung ausgewiesen. Der Lieferant führt sowohl die Umsatzsteuer als auch den Zuschlag an das Finanzamt ab.
Der Einzelhändler wiederum stellt seinen Kunden nur die Umsatzsteuer in Rechnung, jedoch nicht den Zuschlag. Er muss keine Umsatzsteuererklärungen abgeben und kann die beim Einkauf gezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) nicht abziehen. Dadurch entfällt zwar der Verwaltungsaufwand im Hinblick auf regelmäßige Meldungen, allerdings trägt der Einzelhändler letztlich die gesamte Steuerbelastung, da ihm kein Vorsteuerabzug zusteht.
Problematik und besondere Herausforderungen im Onlinehandel
Problematisch wird die Regelung jedoch im heutigen Onlinehandel. Viele Selbstständige verkaufen ihre Waren über Plattformen wie Amazon, eBay oder Shopify. Sie importieren Produkte aus der EU oder Drittländern, verkaufen ins Ausland und müssen die europäischen Umsatzsteuerregeln (OSS, IOSS, Reverse-Charge) beachten. In diesen Fällen bringt der Recargo de Equivalencia keinen Vorteil - im Gegenteil, er kann sogar zu Mehrkosten und zusätzlichem Aufwand führen:
1. Produktvielfalt und unterschiedliche Steuersätze: Ein Onlinehändler kann hunderte von Produkten in verschiedenen Kategorien anbieten, die unterschiedlichen Steuersätzen und Äquivalenzzuschlägen unterliegen. Dies erfordert eine genaue Kenntnis der steuerlichen Bestimmungen und eine präzise Anwendung auf jedes Produkt. Fehler bei der Berechnung des Zuschlags können zu steuerlichen Sanktionen führen.
2. Grenzüberschreitender Handel: Viele Onlinehändler verkaufen nicht nur innerhalb Spaniens, sondern auch in andere EU-Länder. Hier greift die innergemeinschaftliche Erwerbsregelung, bei der der Recargo de Equivalencia nicht mehr anwendbar ist. Stattdessen muss der Händler die reguläre Umsatzsteuer abführen. Die korrekte Abwicklung dieser grenzüberschreitenden Verkäufe erfordert zusätzliche Buchführungs- und Meldepflichten, was für kleinere Onlinehändler verwirrend und belastend sein kann.
3. Verkäufe an Unternehmer oder Freiberufler: Onlinehändler, die sowohl an Privatpersonen als auch an Geschäftskunden verkaufen, müssen sicherstellen, dass der Recargo de Equivalencia nur bei Verkäufen an Endverbraucher angewendet wird. Für Verkäufe an Unternehmen oder Freiberufler greift die reguläre Umsatzsteuerregelung. Diese Unterscheidung erfordert eine ordentliche Buchführung und klare Trennung der Rechnungen, was in einem automatisierten Onlinehandelssystem wie Amazon leicht zu Fehlern führen kann.
Der Recargo de Equivalencia erfüllt damit heute nur noch bedingt seinen ursprünglichen Zweck. Für kleine lokale Geschäfte, die ausschließlich in Spanien an Privatkunden verkaufen, kann er weiterhin sinnvoll sein. Für moderne Unternehmer, die online tätig sind, international verkaufen oder regelmäßig Dienstleistungen und Werbung bezahlen, ist das System jedoch meist unpraktisch.
Obwohl das Ziel dieser Regelung darin besteht, den bürokratischen Aufwand zu reduzieren, zeigt sich in der Praxis oft das Gegenteil: Die Vielzahl an Sonderfällen, Inventarvorschriften, Formularen und fehlender Vorsteuerabzug führen zu mehr Komplexität.
Daher kann es - insbesondere im Onlinehandel - empfehlenswert sein, nicht als Autónomo unter dem Recargo de Equivalencia zu arbeiten, sondern eine Gesellschaftsform wie eine Sociedad Limitada (S.L.) zu gründen. Eine S.L. erlaubt es, die Umsatzsteuer regulär abzusetzen, bietet eine klare Trennung zwischen Geschäfts- und Privatvermögen und erleichtert die Zusammenarbeit mit Plattformen wie Amazon. Langfristig kann sie so den administrativen Aufwand deutlich reduzieren und eine professionellere, steuerlich effizientere Unternehmensstruktur schaffen.
Seitens unserer Kanzlei helfen wir Ihnen gern bei der Analyse Ihrer konkreten Situation, nehmen für Sie notwendige Verwaltungsakte vor und helfen Ihnen auch gern bei der Abgabe der entsprechenden Steuererklärungen. Bei Interesse oder konkreten Fragen zum Thema, stehen wir Ihnen gern per Mail oder telefonisch in deutscher Sprache zur Verfügung.
Autor:
Rike Füllgraf
spanische Steuerberaterin
Diplom-Finanzwirtin
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Tel: (+34) 951 12 13 06
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